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Der Weg zur Langrohr-Haubitze M-109 und zum Bison-Geschütz

Rückblick auf den Vortrag vom 23. März 2022

Einblick in die «Bison»-Entwicklung

Zwar nicht quantitativ, aber qualitativ konnte die Schweiz im Bereich Artillerie durchaus mit der Grossmacht Amerika mithalten. Wie es dazu kam, erläuterte der ehemalige Forschungsleiter der eidg. Konstruktionswerkstätte Thun (später RUAG) am Mittwochabend in Thun. Walter Lanz gewährte den Besuchern des Vortrages beim Verein Schweizer Armeemuseum einen Einblick in die Tätigkeit seines damaligen Teams. Im Mittelpunkt standen dabei die Entwicklung und die Versuche, die schliesslich zum langen Rohr L47 der in den USA beschafften Panzerhaubitze M109 und zum Festungsgeschütz 93 Bison L52 führten.

Der Auftrag für eine neue verbunkerte Kanone, die dieselbe Munition wie die mobilen Geschütze einsetzen konnte, stachelte die Schweizer Konstrukteure zu Höchstleistungen an. Immerhin war mit dem Kaliber 15,5 cm eine Reichweite von 40 km gewünscht. «Und was als Wunsch vom damaligen Generalstabchef geäussert wurde, war für uns in der K+W natürlich Befehl», sagte Walter Lanz schmunzelnd.

Er beschrieb die vielen Berechnungen und Versuche, um die Mündungsgeschwindigkeit zu erhöhen, die Ballistik der Rohre zu verbessern und in der Schweiz möglichst lange Geschützrohre herstellen zu lassen, um die Anforderungen schliesslich erfüllen zu können. Daraus resultierte eine kampfwertgesteigerte Panzerhaubitze, die ihresgleichen suchte, wenn man die Zuverlässigkeit, Effizienz und Kosten berücksichtigte. Und quasi als Erprobungsträger diente sie auch für das Festungsgeschütz, das sich zudem durch eine hervorragende Schartenpanzerung auszeichnete. Tests mit Lenkflugkörpern ergaben, dass diese der Hohlladung einer «Maverick»-Lenkwaffe standgehalten hätte. Nebenbei bemerkt: Die neuen Geschütze waren auch als Ersatz der stillgelegten Hunter-Flotte mit ihren «Maverick»-Lenkwaffen gedacht, um weiterhin in die Tiefe eines Gegners wirken zu können.

Aktuell sind noch rund 130 dieser «langen» Panzerhaubitzen bei der Armee im Einsatz, das Ende der Lebensdauer zeichnet sich aber ab. Immerhin wurden die ersten bereits 1966 beschafft. Die wenigen 1993 bestellten Bison-Festungsgeschütze sind wie die Festungsminenwerfer aufgrund der neunen Armeekonzeption bereits ausgemustert. Wieviel Erfahrung und Fachwissen in den angesprochenen Entwicklungen steckte, wurde vom ehemaligen Forschungsleiter auf eindrückliche Weise aufgezeigt – heute ist dieses Wissen allerdings in der Schweiz nicht mehr gefragt. Walter Lanz bestätigte am Schluss, dass die Leistungssteigerungen in der Ballistik wohl ausgereizt seien und Verbesserungen künftig vor allem auf der Munitionsseite erfolgen dürften – natürlich mit den entsprechenden Kosten für die einzelnen (zielsuchenden) Granaten.

Hans Rudolf Schneider

Fotos: Thomas Wermelinger

Der ganz Vortrag kann hier auf Video angesehen werden.